Projekte: Eignungsgebiet Nr. 4

Kleinandelfingen

Gemeinden: Kleinandelfingen, Ossingen, Marthalen

Visualisierung Windpark Nr. 4 Kleinandelfingen, Blick von Norden über den Husemersee in Richtung Andelfingen-Dorf; im Video ab Minute 3:25

Das «Eignungsgebiet» Nr. 4 Kleinandelfingen ist ein Naturjuwel. Es liegt südlich von Trüllikon auf dem Gebiet der Gemeinden Ossingen, Marthalen und Kleinandelfingen. Anders als die meisten Gebiete ist es ein Flachlandgebiet mit einem höchsten Punkt auf 446 m ü. M. (Schneitenberg 400 m südlich Husemersee). Noch schlechter als bei den anderen Gebieten sind deshalb die Windverhältnisse. Sechs Monsterturbinen mit 160 m Rotordurchmesser und 220 m Höhe sollen hier 46 GWh Strom pro Jahr liefern. Dies sind 9% des neuen Rechenzentrums in Winterthur Neuhegi, welches 500 GWh Strom pro Jahr verpufft.

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Das Eignungsgebiet liegt fast vollständig im BLN*-Objekt 1403 Glaziallandschaft zwischen Thur und Rhein. Dies ist eine reich strukturierte Kulturlandschaft mit Höhenzügen, offenen Ebenen, sanftem Relief und einem Mosaik aus Wäldern und Kulturland; zudem gut erhaltenen Ortsbildern mit einer einzigartigen Dichte an intakten Fachwerkbauten. Der geplante Standort liegt am Rand und teilweise in kantonal inventarisierten Landschaftsschutzobjekten (Reb- und Gewässerlandschaften, geomorphologisch geprägte Landschaften).

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In der Nähe liegen die ISOS** geschützten Dörfer Ossingen, Andelfingen und Flaach sowie  das ISOS-Objekt «Schloss Wyden» (bei Ossingen). Der rechte Teil des Gebiets liegt wenige 100 m südlich des Husemer Sees. Dieser ist ein beliebtes Erholungsgebiet für die Menschen im Weinland, Winterthur und Schaffhausen.

Im Nahbereich des Eignungsgebietes liegen:

  • die sieben (!) Naturschutzseen des Husemersee-Ensembles, von denen der grösste der Husemer See ist,
  • drei Flachmoore (1518 Husemersee, 1516 Dachsenhuser Riet und 1515 Örlinger Riet),
  • ein Hochmoor (80 Räubrichseen) und
  • zwei Amphibienlachgebiete (ZH487 Enteler, ZH476 Räubrichseen) von nationaler Bedeutung.

Von grösster Bedeutung für die Biodiversität ist auch der Wald im Eignungsgebiet, denn dort befindet sich insbesondere ein traditioneller Brutplatz der vom Aussterben bedrohten Turteltaube (Status: stark gefährdet EN). Jeden Frühling ist ihr anmutiges Gurren in diesem Wald zu hören, so namentlich auch in den Jahren 2022, 2023 und 2024. Die Turteltauben würden durch die Monsterturbinen fast sicher getötet oder vertrieben. In der ganzen Schweiz brüten nur noch ca. 150 Paare. In den letzten 20 Jahren ist die Population stark zurückgegangen. Es ist von grösstem nationalem Interesse, jeden Individuenverlust zu verhindern.

Dieser Windpark wäre ein Ersteingriff in das einzigartige Naturjuwel des Husemersee-Gebiets mit Landschafts-, Ortsbild- und Naturwerten von nationalem Rang. Die Baudirektion anerkennt zwar, dass eine «erhebliche Beeinträchtigung von Schutzzielen» droht. Trotzdem behauptet sie ohne Begründung, die Stromproduktion gehe vor.

Turteltauben, Bildquelle: Wikipedia 2024
Rückgang der stark gefährdeten Turteltaube; Quelle: Vogelwarte 2024

Fehlende Sachverhaltsermittlung verbietet Richtplaneintrag:

Zum Brutvogelschutz führte die Baudirektion nur marginale Abklärungen durch, die den Anforderungen an eine Sachverhaltsermittlung auf Richtplanstufe keineswegs  genügen. Immerhin stellt sie fest, das folgende national prioritäre Brutvogelarten betroffen sind:

  • Kiebitz (stark gefährdet EN)
  • Feldlerche
  • grösste Kolonie von Turmdolen im Kanton Zürich auf dem Kirchturm zu Andelfingen
  • Baumfalke, Habicht, Winterschlafplätze Rotmilan, Schwarzmilan, Waldohreule

Zu den Fledermäusen fehlen jegliche Untersuchungen. Da es sich um ein altes Waldgebiet mit vielen Höhlenbäumen handelt, muss davon ausgegangen werden, dass es auch eine reiche Fledermausfauna beherbergt.

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Durch die geplante Lage der Windturbinen in einem BLN-Gebiet und die Nähe zu ISOS-Objekten wäre ein Gutachten der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission angezeigt gewesen. Wegen vielfach ungenügender Sachverhaltsklärung kann die nötige Interessenabwägung (Art. 8 Abs. 2 Raumplanungsgesetz und Art. 10 Abs. 1ter Energiegesetz) nicht bundesrechtskonform durchgeführt werden.

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Abgesehen davon lassen schon die bekannten Landschafts-, Heimatschutz- und Naturwerte von nationaler Bedeutung nur einen Schluss zu: Das Eignungsgebiet Nr. 4 (Kleinandelfingen) darf nicht als Windparkeignungsgebiet in den Zürcher Richtplan eingetragen werden.

 

*  Bundesinventar der Landschaften und Naturdenkmäler

**  Bundesinventar der schützenswerten Ortsbilder der Schweiz von nationaler Bedeutung